Digital lehren und lernen an der Freien Universität: Praxistipp 3 – Kollaboratives Schreiben im Wiki als ganzheitliches Lernerlebnis
News vom 23.05.2023
Liebe Lehrende,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
in dieser Woche können Sie wieder spannende Einblicke in ein digital-gestütztes Lehrveranstaltungsszenario aus der FUB-Praxis gewinnen: Das Wiki „Politisches Denken“ dient als kollaboratives Schreibtool und Wissensspeicher für verschiedene Seminare am Lehrbereich „Politische Theorie und Ideengeschichte“. Die Konzeption baut auf langjährigen Erfahrungen der Dozentin mit Wikis im Lehrkontext auf.
Wie das gemeinsame Arbeiten im Wiki organisiert ist und welche Aspekte dabei besonders wichtig sind, erfahren Sie in diesem Praxistipp.
Sie möchten ein eigenes digital-gestütztes Lehrveranstaltungskonzept (präsenzunterstützend, blended, online oder hybrid) im Rahmen eines Praxistipps vorstellen? Schreiben Sie uns an digitale-lehre@fu-berlin.de, Stichwort: Praxisbeispiel. Wir melden uns mit weiteren Informationen zurück.
Aus der FUB-Lehre: Kollaboratives Schreiben im Wiki als ganzheitliches Lernerlebnis
In Kürze | |
Das Wiki „Politisches Denken“ ist ein auf Dauer angelegtes Lernprojekt im Confluence-Wiki der FUB, in dem verschiedene Studierendengruppen unterschiedlicher Semester die Ergebnisse ihrer Lernprozesse sowohl entwickeln als auch dokumentieren. Der Fokus liegt auf dem kollaborativen Schreiben, das heißt, dem gemeinschaftlichen Erarbeiten von Texten zu den Themen aus der Politischen Theorie, die jeweils Fokus des Seminars sind. Diese Texte stehen anschließend den Studierenden kommender Semester zur Verfügung. |
|
Hintergrund und Zielsetzung |
|
Die Seminare, für die das Wiki genutzt wird, finden am Lehrbereich „Politische Theorie und Ideengeschichte“ des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften statt und werden von Studierenden unterschiedlicher Studiengänge und Fachsemester besucht. Ziel der Seminare ist die Vermittlung der methodischen Fähigkeiten zum Lesen und kritischen Analysieren politisch-theoretischer Texte sowie die exemplarische Einführung in inhaltliche Teilgebiete der politischen Theorie. Der Einsatz des Wikis dient dazu, durch das gemeinsame Arbeiten an Texten (teilweise werden auch Podcasts und andere Multimediaprojekte erstellt) das Verständnis der behandelten Theorien und Ideen zu verbessern und das kritische Denken zu schulen. Dabei wird in Gruppen gearbeitet, denn ein wesentlicher Teil des Lernens geschieht im gegenseitigen Austausch. Zudem üben die Studierenden das Arbeiten in Projekten, das in der Arbeitswelt der Regelfall ist, und lernen mit dem Confluence-Wiki ein Tool kennen, das in vielen Unternehmen als Wissensspeicher genutzt wird. Inhaltlich bestehen im Wiki derzeit Textabschnitte zum Politischen Denken des 19. Jahrhunderts und zu den Methoden der Politischen Theorie. Weitere Schwerpunkte ergeben sich aus künftigen Seminaren. Darüber hinaus finden sich methodische Hinweise sowie weiterführende Links zum Erstellen von Hausarbeiten und Exposés. |
|
Umsetzung | |
Single Point of Entry Das Wiki dient als „Single Point of Entry“ für das Seminar und beinhaltet alle generellen und aktuellen Informationen zum Seminar, die Seminartexte sowie alle Elemente des gemeinsamen Arbeitens. Dadurch soll die Komplexität reduziert werden und die Studierenden sollen angehalten werden, sich auf das Wiki „einzulassen“. Struktur des Wikis Das Wiki ist – als geschützter Lernraum – nur für die Studierenden meiner Seminare verfügbar. Es ist in drei Bereiche mit abgestuften Zugangsberechtigungen aufgeteilt:
Kollaboratives Schreiben als Regelfall Die Seminare sind um verschiedene Formen des kollaborativen Schreibens herum organisiert: In Gruppen von maximal vier Lernenden erhalten die Studierenden den Auftrag, während des Semesters auf Basis der Seminartexte und weiterer Quellen eine Wikiseite zu einem vorgegebenen oder einem selbst gewählten Thema zu erstellen. Dieser Text soll den anderen Studierenden als Informationsbasis dienen und auf weiterführende Quellen verweisen. Besteht zu einem Thema bereits eine Seite, soll die Gruppe diese Seite erweitern und überarbeiten. Letzteres fällt Studierenden im Regelfall schwerer, erfordert aber eine intensivere Auseinandersetzung nicht nur mit den Inhalten, sondern auch mit geeigneten Methoden der Textüberarbeitung und -strukturierung. Jede Seminarsitzung hat im Wiki eine eigene Mitschrift. Vor der Sitzung können die Studierenden dort den Seminarplan und die inhaltlichen Schwerpunkte einsehen. Während der Sitzung übernehmen mehrere Studierende gemeinschaftlich die Aufgabe, wesentliche Inhalte und Fragen mitzuschreiben. Gruppenarbeitsergebnisse werden von den Gruppen selbst direkt im Wiki dokumentiert, analoge Ergebnisse werden unmittelbar nach der Sitzung eingefügt. Dadurch ist das Wiki in die Präsenzsitzungen eingebunden und für alle Studierenden sind die Inhalte der Sitzung stets nachvollziehbar. Meist ist die Mitschrift über einen Beamer für die Studierenden live zu sehen, so dass auch etwaige Ungenauigkeiten sofort bemerkt und korrigiert werden. Während des Semesters finden 2-3 Schreibwerkstätten statt. Dort erhalten die Studierenden ein strukturiertes Feedback zu den selbst erstellten Wikiseiten und überarbeiten diese unmittelbar. Zu Anfang des Semesters wird teilweise direkt im Seminar ein Text gemeinschaftlich erstellt, um den Prozess zu trainieren. Lernen reflektieren Wesentliche Teile der Wissensaneignung finden in den Lerngruppen außerhalb der Präsenzphasen statt, die Präsenzsitzungen können so intensiv für die kritische Betrachtung und Diskussion der Ideen und die Kontextualisierung des Gelernten genutzt werden. |
|
Erfahrungen und Tipps | |
|
Der Prozess ist das Ziel Ich prüfe die studentischen Texte auf grobe Fehler und weise in Feedbackrunden ggf. auf zu überarbeitende Stellen hin, mache aber keine „Endkorrektur“. Das Wesentliche ist tatsächlich der Prozess: alles im Wiki ist „Work in progress“ nach dem aus der Open Source Software-Entwicklung bekannten Prinzip „Share early, share often“. Das „erzwungene“ Teilen nicht fertiger Texte bringt die Erfahrung, dass die Vorteile überwiegen. Gemeinsam sind sie stark Wenn die Studierenden vom reinen Aufteilen von Arbeitspaketen zum tatsächlichen gemeinsamen Arbeiten kommen, steigen die methodischen und inhaltlichen Lernerfolge und die Zufriedenheit drastisch. Widerstand ist normal Studierende sind derart enge Kollaborationen und ein so intensives Ineinandergreifen von Präsenz- und Onlinearbeit oft nicht gewöhnt und sind zunächst skeptisch. Das sollte nicht verunsichern, es gibt sich und am Ende überwiegt die positive Erfahrung der Selbstwirksamkeit und des gemeinsam Erreichten. |
Lehrende und Kontakt | |
Dr. Ulrike Höppner Lehrbeauftragte E-Mail: ulhoe@zedat.fu-berlin.de |
|
Weitere Informationen | |
Literatur: Cap, C.H., Sucharowski, W. & Wendt, W. Kollaboratives Schreiben von Texten im Web. HMD 49, 61–68 (2012).
Share Early, Share Often. Confluence-Wiki: |
Bildquellen: CeDiS und Alexander Sperl: 83 und 70 freie Illustrationen für E-Learning-Materialien; CC BY-SA 4.0
Sie haben eine allgemeine Frage oder möchten etwas beisteuern? Schreiben Sie an: digitale-lehre@fu-berlin.de oder teilen Sie Ihre Erfahrungen und Ideen im Community-Blog.
Ihr Center für Digitale Systeme
- Praxistipps abonnieren (zur Weiterleitung an Interessierte)
- Praxistipps abbestellen