Digital lehren und lernen an der Freien Universität: Praxistipp 2 – Moderationsgruppen in hybriden Settings

27.04.2023

Digital lehren und lernen an der Freien Universität: Praxistipp 2 – Moderationsgruppen in hybriden Settings

Liebe Lehrende,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Freie Universität Berlin beteiligt sich im Rahmen eines Verbundprojekts an einem Hochschulnetzwerk zu hybrider Lehre. Ziel des vom Berliner Senat geförderten Projekts ist es, hochschulübergreifend Umsetzungsszenarien für die hybride Lehre zu entwickeln und in Fachcurricula zu implementieren. In diesem Zusammenhang führen wir die Praxistipps zum Thema „Hybride Lehre“ fort.

Im Wintersemester 2021/22 haben wir bereits die Definition von hybridem, gemischtem und (a)synchronem Lernen (Praxistipp #1) und die Rahmenbedingungen für hybride Lehre an der Freien Universität erläutert (Praxistipp #2). In der heutigen Ausgabe stellen wir Ihnen eine konkrete Methode vor, die sich besonders für den Einsatz in hybriden Settings eignet.

Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und Ausprobieren!

Praxistipp dieser Woche: Moderationsgruppen in hybriden Settings

Was sind Moderationsgruppen?
 Zusammenarbeit

Um Teilnehmende in hybriden Szenarien zu aktivieren und die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Räumen vor Ort und virtuell zu stärken, kann die Einrichtung von Moderationsgruppen hilfreich sein.

Moderationsgruppen sind eine Art der Gruppenarbeit, in welcher die Studierenden in Kleingruppen (2-5 Personen) den Unterrichtsstoff für die synchrone Diskussion in einer Art und Intensität vorbereiten, die es ihnen erlaubt, die Diskussion zu leiten. Moderationsgruppen gehen über das traditionelle Impulsreferat hinaus: Die Impulse werden nicht in einer kompakten Präsentation frontal vorgetragen, sondern entlang eines Zeitverlaufs bewusst gesetzt. Das bietet zunächst zwei Vorteile: Einerseits erwerben die Studierenden vertiefte Fachkenntnisse, schulen ihre Moderationskompetenz und lernen Diskussionsabläufe aktiv zu gestalten. Andererseits wird die plenare Motivation, sich an der Diskussion zu beteiligen, durch den Peer-Faktor maßgeblich erhöht.

Wo sind Moderationsgruppen einsetzbar?
Elemente

Moderationsgruppen eignen sich vor allem für diskursive Formate im Rahmen von unterschiedlichen Veranstaltungstypen. Moderationsgruppen sind ein gutes Mittel in reinen Präsenz- oder Live-Online-Settings, eignen sich aber vor allem für die Gestaltung hybrider Szenarien. Hybride Szenarien stellen alle Beteiligten vor eine Reihe an Herausforderungen, zum Beispiel die anspruchsvolle Gruppenfokussierung für die Lehrenden und der fehlende Austausch zwischen hier (On-Campus) und da (Off-Campus) für die Studierenden. Moderationsgruppen können beiden Umständen gewinnbringend begegnen, wie der folgende exemplarische Ablauf zeigt.

Exemplarischer Ablauf einer hybriden Diskussion: Lektüreseminar
Ablauf

In jeder Sitzung eines Lektüreseminars werden mehrere Texte zu einer bestimmten Thematik diskutiert. Zu jedem Thema gibt es einen Haupttext, welcher für alle Teilnehmenden verpflichtend zu lesen ist, und weitere freiwillig zu lesende Texte, die tiefergreifende, weiterführende oder kontradiktische Zugänge liefern (diese dienen den Moderationsgruppen für die Vorbereitung der Diskussion).

Vor der Sitzung: Die Studierenden der Moderationsgruppe bereiten die Diskussion mittels kollaborativer Tools (Wikis/Blogs) vor. Sie kuratieren „Ausstellungsstücke“ (z.B. Textzitate, Thesen) und formulieren Fragestellungen, die sie mit dem Plenum diskutieren möchten − so entsteht ein Handout, das den Diskussionsverlauf vorstrukturiert. Die Vorbereitung beinhaltet auch eine Rollendefinition innerhalb der Moderationsgruppe: Es wird festgelegt, wer die Diskussion leitet (aktive Parts) und wer Fragen aus dem Plenum verarbeitet (vermittelnde Parts). Einige Tage vor der Sitzung begutachtet die Lehrperson die erstellte Vorbereitung und gibt Feedback (mündlich/schriftlich). Darauf basierend finalisiert die Moderationsgruppe das Handout und stellt es dem Plenum zur Verfügung.

Während der Sitzung: Die Gruppe moderiert die Diskussion vor Ort (s.u. „Moderieren On-/Off-Campus“). Die aktiven Parts führen das Wort, sie stellen die „Ausstellungsstücke“ vor, erläutern die Ergebnisse der Gruppenreflexion und stellen Fragen ins Plenum. Die vermittelnden Parts übernehmen die Kommunikation mit dem Plenum On- und Off-Campus, sammeln Fragen aus dem Chat der Videokonferenz ein und gewährleisten eine faire Rede-Reihenfolge (z.B. mittels Reihung nach Reißverschlusssystem zwischen On-/Off-Campus-Teilnehmenden). Die Lehrperson beobachtet die Diskussion und greift nur punktuell in diese ein. Gegen Ende der Sitzung empfiehlt sich eine kurze Feedbackrunde, in der das Plenum der Moderationsgruppe Rückmeldung über die Gestaltung des Ablaufs gibt.

Moderieren On-/Off-Campus
 Autonom

Alternativ zur Moderation vom Seminarraum aus kann sich die Moderationsgruppe selbst aufteilen und die Diskussion hybrid leiten. Gut denkbar wäre eine paritätische Aufteilung je nach Rollenzuweisung, sodass sowohl aktive als auch vermittelnde Parts On- und Off-Campus agieren. In diesem Fall sind Wortmeldungen vonseiten der Off-Campus-Teilnehmenden garantiert, was eine weitere Motivationssteigerung für Wortmeldungen aus dem Off-Campus-Plenum zur Folge haben kann. Durch visuelle Gestaltung (Hintergrundbild, Farbfilter) können die Kacheln der Moderationsgruppe von denen des Plenums unterschieden werden. Generell wäre es gut, wenn zumindest ein Mitglied der Moderationsgruppe On-Campus zugegen ist.

Vorteile dieser Methode
Plus
  • Die Lehrperson verlagert einen Teil ihres Unterrichts außerhalb der Sitzung (Betreuung der Moderationsgruppen bei der Diskussionsvorbereitung) und hat so während der Sitzungen Kapazitäten zur Gewährleistung eines reibungslosen Ablaufs.

  • Der Austausch mit der Lehrperson im Zuge der Diskussionsvorbereitung schafft Verbindlichkeit für die Studierenden - gerade für Off-Campus-Teilnehmende kann dies maßgeblich zur Motivation beitragen.

  • Die Handouts stellen eine aufschlussreiche Dokumentation der Pflichtlektüre dar, welche sich gut als Grundlage für die abschließenden Seminararbeiten eignet.

  • Die Moderationsgruppen schaffen die Voraussetzung für die konstruktive Zusammenarbeit zwischen physischem und virtuellem Raum.

Tipps
Lupe
  • Idealerweise erlaubt die räumlich-technische Ausstattung die zeitgleiche (Bildschirm-)Präsentation des Handouts und die Einblendung der Off-Campus-Teilnehmenden. Sollte nur eine Projektionsfläche zur Verfügung stehen, empfiehlt es sich, diese zu nutzen, um die Off-Campus-Teilnehmenden in den Raum zu holen. In diesem Fall wird das Handout nicht projiziert, sondern kann individuell von allen Teilnehmenden eingesehen werden.

  • Damit die Moderationsgruppen gut arbeiten können, bedarf es klar kommunizierter Verhaltensregeln für alle Beteiligten On-/Off-Campus. Hier hilft die Verschriftlichung eines gut verständlichen Konzepts, welches den Studierenden zu Beginn des Semesters präsentiert und gemeinsam mit ihnen finalisiert wird (vgl. Seidl et al., 2022).

  • Bei wöchentlichen Sitzungen entsteht durch die intensive Vorbereitung eine enge zeitliche Taktung. Hier sollte geprüft werden, ob die Anzahl der synchronen Sitzungen entsprechend reduziert werden kann.

  • Diese Methode ist eher für bereits erfahrene Studierende (ab dem 3. Semester) geeignet.

Weiterführende Informationen
Info

Zur Diskussionsgestaltung und -moderation im akademischen Kontext vgl. Norbert Franck (2012): In Diskussionen bestehen: Strukturiert und bestimmt argumentieren, souverän mit Fragen und Kritik umgehen. In: Gekonnt referieren. Überzeugend präsentieren: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 129–158.


Zu Kommunikations- und Verhaltensregeln in hybriden Settings vgl. Tobias Seidl, Andreas Sexauer, Immanuel Ulrich (2022): Hybrides Lehren und Lernen – theoretische und praktische Perspektiven. In: Neues Handbuch Hochschullehre 106 (D 3.44), Juli 2022, S. 9-11.


Die Links sind im FU-Netz verfügbar.

Bildquellen: CeDiS und Alexander Sperl: 83 und 70 freie Illustrationen für E-Learning-Materialien; CC BY-SA 4.0

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