From Data Literacy to AI Literacy

Workshopleitung

Selina Reinhard, Jeelka Reinhardt, Alexander Schulz

Datum

16.02.2024

Struktur der Veranstaltung

Impulsvortrag mit Diskussion

Einführung in Data Literacy mit Praxisbeispiel

Die steigende Verarbeitung und Nutzung von Daten in der digitalisierten Welt resultieren in einem erhöhten Bedarf an Kompetenzen, welche einen souveränen und sicheren Umgang mit Daten gewährleisten. Dabei sind mit Daten nicht nur kodierte Zahlenketten gemeint, sondern eine weite Reihe an durch Beobachtungen und Messungen gewonnene Werte, Angaben und Befunde, elektronisch gespeicherte Zeichen und Informationen.

In der Vermittlung der für den Umgang mit Daten notwendigen Kompetenzen überschneiden sich unterschiedliche Perspektiven. So stehen gesamtgesellschaftlich gesehen grundsätzliche Bildungsbedarfe den spezialisierten Bedürfnissen in der Arbeitswelt entgegen. Definitionen von Data Literacy betonen vor allem jene Aspekte von Datenkompetenzen, welche den Nutzenden einen planvollen und kritisch-reflektierten Umgang mit Daten ermöglichen.

Da Daten im Allgemeinen durch Kodierungsprozesse generiert werden, erfordert der Umgang mit Daten spezifische Dekodierungskompetenzen wie die Interpretation von Daten und der von ihnen abgeleiteten Ergebnisse und die Identifikation daraus resultierender Schlüsse und Handlungsmöglichkeiten. Data Literacy entwickelt sich demnach entlang der Prozesse des Kodierens und Dekodierens:

Zudem fließen viele unterschiedliche Kompetenzfelder in das Schnittmengenfeld Data Literacy mit ein. Das betrifft grundlegende Kompetenzen wie die Fähigkeit zum kritischen Denken oder ethischen Handeln ebenso wie fortgeschrittene Fähigkeiten wie rechnerisches Können und Reflexionsvermögen bezüglich der Entstehung und Visualisierung (statistischer) Daten (s. Abb 2).

Diese Modelle verdeutlichen die Notwendigkeit der Vermittlung eines möglichst umfassenden Kompetenzspektrums mit einer Mischung aus Wissen, kritischer Reflexion und Anwendung. Als Beispiel wird ein Kurs aus der Lehrpraxis an der Freien Universität Berlin vorgestellt. Diese Lehrveranstaltung ist im Rahmen der Allgemeinen Berufsvorbereitung (ABV) für die Bachelor-Studiengänge curricular verankert. In diesem ABV-Kurs zu Data Literacy werden zunächst grundsätzliche Kenntnisse zur Datenverarbeitung vermittelt (grün), um darauf aufbauend gezielt Kenntnisse entlang des Datenverarbeitungszyklus einzuüben (orange) und zuletzt Anwendungsperspektiven in Studium und Beruf (blau) zu erschließen (s. Abb. 3).

Begriffsdefinitionen künstlicher Intelligenz

Im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz gibt es viele, sich zum Teil in ihrer Definition überschneidende Begriffe und Konzepte sowie eine sich ständig weiterentwickelnde Reihe an Beispielen. KI-Systeme kommen vielfältig zum Einsatz: in Sprach-Assistenz-Programmen (wie Apple-Siri, Amazon-Alexa), in der Erfassung von Nutzungsgewohnheiten bei Streaming-Plattformen (Netflix, Spotify), in sprachbasierten Textgeneratoren (ChatGPT, Bard, LaMDA), aber auch in alltäglichen Tools wie dem Spamfilter im Emailpostfach.

Alle Arten Künstlicher Intelligenz werden programmiert, um menschenähnliche Denkweisen maschinell zu imitieren. Dies umfasst auch die Befähigung zu lernen. Systeme, welche in Bezug auf Trainingsdaten spezifische Vorhersagen produzieren, bedienen sich der Technik des Machine Learning. Dabei greifen unterschiedliche Prozesse ineinander: So können KI-Systeme sowohl mittels Algorithmen Entscheidungen treffen als auch vorhandenes Wissen zu einer neuronalen Netzstruktur anordnen. Der Teilbereich der Computerlinguistik beschäftigt sich mit der Erschließung menschlicher Sprache durch Natural Language Processing und Natural Language Generation, also der Analyse und der Produktion menschenähnlicher Sprache durch Maschinen. Bei den Trainingsdaten wird zwischen strukturierten und unstrukturierten Daten entschieden. KI-Systeme können unstrukturierte Daten (wie Texte, Bilder oder Videos), welche nicht über ein vordefiniertes Dateiformat verfügen, in strukturierte Daten und klar definierte Formate übersetzen. 

Kompetenzbereiche von AI Literacy

Hinsichtlich der notwendigen Kompetenzen im Bereich Künstlicher Intelligenz stellen sich ähnliche Fragen wie im Bezug auf Data Literacy. Datenkompetenzen können so als Grundlage von KI-Kompetenzen verstanden werden. Dabei zielt die Definition von AI Literacy – ähnlich wie jene zu Data Literacy – auf eine Reihe von Kompetenz(bereich)en ab, welche es den Nutzenden erlauben, KI-Technologien in analytisch-kritischer Weise zu reflektieren und anzuwenden.

Im Vergleich unterschiedlicher Suchbegriffe mittels Google Trends zeigt sich, dass ab der Einführung des LLM ChatGPT die Suchanfrage „AI“ stark angestiegen ist, während im gleichen Zeitraum die Suchanfrage „Data“ nicht stark in der Häufigkeit variiert. Dem gegenüber stieg nach der Einführung von ChatGPT die Suchanfrage „Data Literacy“ deutlich an, während sich die Suchanfrage „AI Literacy“ gleichbleibend auf niedrigem Niveau bewegt. Dies verdeutlicht die Bedeutung und Notwendigkeit grundlegender Datenkompetenzen im Umgang mit KI-Technologie (s. Abb 4).

Auch die Entwicklung von AI Literacy richtet sich an unterschiedliche Zielgruppen aller Altersklassen und Bildungsniveaus: Neben übergreifenden Angeboten für die Allgemeinbevölkerung zielen andere auf Schüler*innen unterschiedlichen Alters und spezielle Schulungsangebote adressieren spezifische Berufsgruppen sowie den höheren Bildungsbereich. Dementsprechend gibt es stark variierende Vorschläge zur Gestaltung der Kompetenzdimensionen im Bereich von AI Literacy. Im Vortrag werden hier exemplarisch drei Zugänge angeführt.

Ihnen gemeinsam ist die Strukturierung entlang der Dimensionen Wissen, Reflexion und Praxis. Um KI-Technologien verantwortungsvoll und gewinnbringend zu nutzen, sind demnach drei Kompetenzbereich von besonderer Relevanz:

  • Verständnis der technischen Grundlagen
  • Kritische Reflexion: Chancen und Grenzen, ethische und rechtliche Aspekte
  • PracticalSkills (effektive Nutzung von Tools)

Mit Blick auf die Förderung von AI Literacy im Hochschulbereich gilt es, auf dieser Grundlage spezifische Angebote für die Zielgruppen Studierende, Lehrende sowie Verwaltungsmitarbeiter*innen zu entwickelten und umzusetzen.

Diskussion

In der Diskussion wird die Notwendigkeit der curricularen Verankerung von Data Literacy und AI Literacy in Studiengängen an Hochschulen betont. Zusätzlich besteht zurzeit ein erhöhter Bedarf für Fortbildungsprogramme im KI-Bereich vonseiten der Lehrenden. Für die obligatorische Verankerung von Bildungsangeboten im KI-Bereich sollten Erkenntnisse und bestehende Strukturen des Bereichs Data Literacy genutzt werden.

Um die Bildung grundlegender Kompetenzen im Bereich AI Literacy zu gewährleisten, müssen meta-organisatorische Faktoren miteinbezogen werden (z.B. die Einrichtung von Monitoringstellen zur Beobachtung aktueller Entwicklungen). Auch die Erhebung individueller und fachspezifischer Bedarfe sowie die Pilotierung von Einsatzszenarien müssen Eingang in die Gestaltung der Bildungsangebote finden.

Aus der aktuellen Praxis der Lehrberatung wird berichtet, dass hier ethische Perspektiven gegenüber praktischen Fragestellungen eine weniger vordergründige Rolle spielen. Demgegenüber wird die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, die sich vor dem Hintergrund der technischen Entwicklungen ergibt, betont.

In der Diskussion wird angesprochen, dass die Schere zwischen Arbeitswelt und Bildungsbereich bereits stark auseinanderklafften. Durch die Digitalisierung und weiter verstärkt durch die Verbreitung von KI-Technologien drohe eine zunehmende Benachteiligung einzelner gesellschaftlicher Gruppen. Es brauche gesamtgesellschaftliche Initiativen, um den sozialen Unterschieden zu begegnen und mit gezielten Bildungsangeboten auch diese Gruppen zu erreichen.

Take-aways

  • Data Literacy gewinnt durch die Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz zunehmend an Bedeutung.
  • Um den Entwicklungen gerecht zu werden, müssen die Kompetenzbereiche von Data Literacy mit Blick auf die KI-Technologien erweitert werden.
  • Die Konzepte von Data Literacy und AI Literacy haben gemein, dass sie die analytische und kritische Auseinandersetzung mit den zugrundeliegenden Konzepten umfassen.
  • Die Vermittlung grundlegender Datenkompetenzen bildet die Basis für einen kritisch-analytischen Umgang mit KI-Technologien.

Workshopleitung

Jeelka Reinhardt (Freie Universität Berlin, FUB-IT / Center für Digitale Systeme (CeDiS), Koordination E-Learning & E-Examinations), beschäftigt sich seit mehr als zwei Jahrzehnten mit den Möglichkeiten und Grenzen datengetriebener Qualitätssicherung digitaler Lehr-, Lern- und Prüfungsszenarien. Seit 2023 koordiniert sie den Arbeitsbereich E-Learning und E-Examinations an der Freien Universität Berlin. Seit 2021 ist sie im Teilprojekt der Freien Universität im BMBF-Verbundprojekt IMPACT verantwortlich für die Implementation von Chatbot-Technologien auf Basis von LLMs zur Anwendung im Bereich der Studieninformation an der Freien Universität.

Alexander Schulz (Freie Universität Berlin, FUB-IT, Gesamtkoordination des Arbeitsbereichs E-Learning und E-Examinations) beschäftigt sich seit zwei Jahrzehnten professionell mit dem Thema digitale Prüfungen. Er hat an der Freien Universität Berlin die beiden E-Examination Centers aufgebaut, die mit 340 Prüfungsplätzen die derzeit größten Kapazitäten im norddeutschen Raum für digitale Prüfungen bereitstellen. Er ist durch diverse Veröffentlichungen, Herausgeberschaften, Vorträge und Keynotes im In- und Ausland als Fachexperte und Gutachter im Themenbereich „Digitale Prüfungen“ bekannt und gefragt.

Derzeit koordiniert er den Arbeitsbereich E-Learning und E-Examinations (EEE). Er ist Teilprojektleiter für die Freie Universität in den BMBF-Verbundprojekten Tech4Comp (seit 2018) und IMPACT (seit 2021). Beide Projekte widmen sich den Möglichkeiten des Einsatzes von KI und Data Analytics in digitalen Prüfungssituationen. Er ist darüber hinaus seit 2020 der stellvertretende Leiter des Projekts „E-Assessment Alliance“ (EA2) im Exzellenzverbund der Berlin University Alliance (BUA).

From Data Literacy to AI Literacy © 2024 by Jeelka Reinhardt and Alexander Schulz (FU Berlin) is licensed under CC BY-NC-ND 4.0.

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